Was war das damals für eine Uhr? War es ein Massenprodukt für jedermann oder eine hochwertige Uhr für Besserverdiener und Liebhaber? Was ist die Uhr heute? Eine Sammleruhr, die man nicht trägt oder ... ?
Hallo MSB, ich will den Versuch starten, Deine Frage zu beantworten. Bis zur Einführung der nicht mechanischen Uhren hat Otto Normalverbraucher nie daran gedacht, Uhren zu sammeln (von Ausnahmen einmal abgesehen). Das wiederum lässt den Schluss zu, dass das Sammeln von Uhren ein relativ junges Sammelgebiet ist. Ich bin Jahrgang 1942 und kann mich noch gut daran erinnern, dass fast alle Familienmitglieder nur eine Uhr hatten, vielleicht noch eine gute für den Kirchenbesuch am Sonntag oder für sonstige besondere Gelegenheiten. Nach dem Krieg war Sparen angesagt und so wurden noch lange Vorkriegsuhren getragen, sofern sie durch die Wirren des Krieges nicht verloren oder beschädigt wurden. Uhrmacher in dieser Zeit waren wahre Künstler, denn beim Reparieren machten sie aus Sch... Gold. Ersatzteile waren nicht zu bekommen, Improvisation war angesagt (Originalton meines Onkel Hans, Uhrmachermeister). Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung ging es auch in der Uhrenindustrie voran. Da die Importuhren aus der Schweiz kaum bezahlbar waren, boomte der Kauf deutscher Uhren. Rückblickend würde ich die Erzeugnisse in drei Klassen einteilen: Klasse 1 - Uhren auf niedrigem Preisniveau Hierzu sind Uhren mit Werken zu zählen, deren Teile vorwiegend durch Stanzen gefertigt wurden und deren Hemmung durch Stiftanker erfolgte. Keine oder nur wenig Funktionssteine. Gehäuse aus Messing, meist verchromt. Die Ganggenauigkeit war (und ist m. E. auch heute noch) durchaus ausreichend. Diese Uhren wurden bis auf nachts immer getragen. Dies ist auch der Grund dafür, dass es gut erhaltene Uhren dieser Preisklasse kaum auf dem Sammlermarkt gibt. Klasse 2 - Uhren im mittleren Preisniveau Zu diesen Uhren zähle ich die späteren Uhren der Firmen Kienzle und Bifora, die von der Technik als auch von der Optik etwas höheren Ansprüchen genügten. Meist mit Ankerhemmung und mit mindestens 7 Steinen. Die Genauigkeit würde ich mit +/- 1 min/Tag angeben. Diese Uhren wurden dann gekauft, wenn die Uhren der Klasse 1 nicht mehr reparabel waren, es einem "finanziell besser ging und man sich etwas besseres leisten konnte". In diese Gruppe fällt m. E. auch die Bifora, die Sabine ihrem Mann geschenkt hat. Klasse 3 - Uhren auf höherem Preisniveau Diese Uhren wurden von den Besserverdienenden gekauft und getragen. Zu den Herstellern ist hier in erster Linie die Fa. Junghans zu zählen. Auch die etwas höherwertigen Konfirmationsuhren und Sonntagsuhren trugen oft das Label der Schramberger. Wenn ich hier nur Junghans nenne, soll das nicht die Uhren der anderen deutschen Hersteller herabsetzen. Aber Junghans war in der gesamten BRD bekannter als Mauthe, Diehl und Osco, um nur einige zu nennen. Ich persönlich habe mit dem Sammeln von Uhren deutscher Hersteller der Nachkriegszeit begonnen. Ich ziehe den Hut vor dem Ingenieurswissen der damaligen Konstrukteure. Mit einfachen Mitteln wurden imposante Lösungen gefunden, die die Uhren erschwinglich machten. Heute ist dieses Sammelgebiet ziemlich verwaist, wer will denn noch ein Stanzteil am Arm tragen? Ich habe festgestellt, dass die Uhren der beiden unteren Klassen auch heute noch brav ihren Dienst verrichten. Lediglich entsprechen die damaligen Durchmesser nicht mehr der heutigen Mode. ... aber tragbar ist Siegfrieds Bifora allemal. Ich hoffe, dass ich mit meinem 500. Beitrag nicht eine Diskussionswelle ausgelöst habe. Sollte dies der Fall sein, bitte ich Franz den Beitrag in einen Extra-Thread zu verschieben. Viele Grüße Karsten
Auch für Uhrenbastler gilt: Erfahrung ist die Summe der Misserfolge
Danke für deine 500 Beiträge Karsten! Du eröffnest immer wieder eine andere (deine) Sichtweise! Vor allem eine, die du erlebt hast und erlebbar machst.
Da schließe ich mich voll und ganz an. Karsten ,bist eben ein Fuchs auf dem Gebiet und mit Leib und Seele dabei. Habe schon viele deiner Beiträge gelesen.
Hallo Karsten, Gott sei Dank Deine Beiträge nicht nur qualitätsvoll, sondern auch zeitlos... ...sodaß ich mich auch noch später an Ihnen erfreuen kann. Danke, BJH
Wir hoffen, dass dir unser Forum gefällt und du dich hier genauso wohlfühlst wie wir.
Wenn du uns bei der Erhaltung des Forums unterstützen möchtest, kannst du mit Hilfe einer kleinen Spende dazu beitragen,
den weiteren Betrieb zu finanzieren.