Ich möchte Euch an meinen Bastelstunden und den gewonnenen Erkentnissen gerne teilhaben lassen.
Daher dieser Faden. Gleichermaßen ein Mitschnitt meiner Bastelleien. Ich hoffe, so die einzelnen Teile einer handelsüblichen mechanischen Uhr mir und Euch näher zu bringen. Eventuell finden sich ja Bastelkollegen/innen.
Also, aller Anfang ist schwer. Der Aufbau / der Auseinander und Zusammenbau einer Kleinuhr. Oder: Basteln nach Bildern
Die Komponenten der Kleinuhr (z.B. Armbanduhr) lassen sich in folgende Bau-/ Funktionsgruppen unterteilen. (Bei der Demontage gesondert zu lagern, in der Abfolge der Remontage) Rohwerk, mit Platine/ Werkboden, Brücken, Kloben, Platten, Pfeiler. Auch ébouches (auf Schalke sacht man Ebosch) genannt. Aufzug Antrieb Räderwerk Hemmung Gangregler Zeigerwerk Zifferblatt u. Zeiger Gehäuse
Das Rohwerk: Die Art der Lagerung der beweglichen Teile, Räder u. Triebe, aber auch Wippen, läßt in Brückenwerke (typische Brückenkonstruktionen, wie z.B. im Fall der Dreiviertelplatine), Plattenwerke und Pfeilerwerke unterscheiden. Pfeilerwerk: Hier sind alle beweglichen Teile des Werks zwischen Grundplatine und Deckplatine gelagert. Außer Unruhkloben keine Brücken oder Kloben. Die Deckplatine wird durch Pfeiler gehalten. Daher der Name. Auch dienen die Pfeiler als normierte Abstandhalter. Die Fixierung erfolgt durch Schrauben. Ich mag keine Pfeilerwerke, da alle Zapfen und Wellen bei Montage exakt und zur selben Zeit an ihrem Platz sein müssen. Oh Gott, wie furchtbar: ein Zapfen nicht exakt senkrecht und der e-bay-Schnapp ist im Anus.
Plattenwerk: Schon besser! Bestehend aus 3 Platten, welche miteinander verschraubt sind. Und das Räderwerk liegt unter einem Kloben. Relativ gut zu justieren. Das Federhaus befindet sich unter einer Platte, die unmittelbar mit dem Werkboden (Grundplatine) und einem Pfeiler verschraubt ist. Meines Erachtens noch besser heute: Zapfen der Trieb- und Räderwellen werden (heute fast immer) in der Platine auf der einen und Brücke oder Kloben auf der anderen Seite gelagert. Die Brücke als Lagerteil verfügt, anders als ein Kloben, über mindestens zwei gegenüberliegende auflageflächen und ist mit mindestens zwei Brücken-Schrauben zu befestigen.
Querschnitt Minutenradbrücke: Minutenradbrücke von unten. Gelagert werden Minuten-, Zwischen- und Sekundenrad: Am rechten Rand die Ausfräsung dient (dankenswerter Weise) dem besseren Abheben.
Der Kloben Er hat nur eine Auflagefläche. Der Kloben kann mit 1-2 oder sogar 3 Kloben-Schrauben auf der Platine befestigt werden. Zur sicheren Positionierung und Erleichterung der Arbeit von Bastlern, können Brücken und Kloben mit sog. Stellstiften ausgestattet sein, die in Stellstiftlöcher in der Platine passen (müssen ). Auch Präzisionsstifte genannt. Schema Kloben: Ankerkloben:
In alten deutschen Werken, z.B. UROFA, wird auch eine Ankerbrücke verbaut, wenn Platz ist. Zum Beispiel im Raumnutzwerk UROFA, Kal. 9 – 13 Linien. Ankerbrücke:
Aufzug und Zeigereinstellung Wie kommen die Kraft in die Uhr und die Zeiger in ihre richtige Stellung?
Im Wesentlichen durch den KUPPLUNGSAUFZUG oder den WIPPENAUFZUG, wobei der automatische Aufzug m.E. nur eine Spielart des Ersteren ist. Mir schon untergekommen ist auch ein Schlüsselaufzug. Dabei wird der Schlüssel unmittelbar auf den Vierkant des Federkerns gesetzt. Findet sich in älteren Taschenuhren und entspricht der Bonsaiausgabe einer Großuhr mit Federhaus. Noch nicht live gesehen, und wohl in früheren Zeiten eher der Konfirmationsuhr von pubertären Jünglingen vorbehalten, findet man auch den Rüttel- oder Schüttelaufzug. Heute in Handaufzugsuhren gebräuchlich die nachstehend dargestellten Kupplungs- und Wippenaufzüge. Letzterer oft in (einfacheren) Werken mit Zylinderhemmung.
Kupplungsaufzug: Er wird auch Gegengesperraufzug genannt oder auch „sichtbarer“ Aufzug, da die wesentlichen Teile (Kron- u. Sperrad) auf der Werkseite (von unten) sichtbar sind, während sich die wesentlichen und von mir anfangs oft übersehenen Teile des Wippenaufzuges auf der ZB-Seite befinden. Oder ich habe nicht richtig hingeschaut. Schema Kupplungsaufzug von der Werksseite sichtbar:
(Eingriff Kronrad-Sperrad (Aufzug) und Antrieb = Eingriff Federhaus-Minutentrieb) a)Kronrad; b) Kronradschraube; c) Aufzugrad; d) Aufzugwelle; e) Aufzugkrone; f) Sperrrad; g) Sperrkegel; h) Bohrung Sperrradschraube im Federkern; i) Vierkant Federhaus; k) Federhaus; l) Federhausdeckel; m) Federherz, n) lagerzapfen Federkern; o) Aufzugsfeder
Bei Drehen der Krone dreht sich mit ihr auch die Aufzugswelle mit dem aufsitzenden Kupplungstrieb. In der „Normalstellung“ befindet sich das Kupplungstrieb im Eingriff mit dem Aufzugsrad, jenes wiederum im Eingriff mit dem Kronrad und letzteres mit dem Sperrrad. Aufgrund dessen, dass Sperrrad und Federkern fest miteinander verbunden sind, dreht sich der Federkern mit und die Aufzugsfeder wird aufgewunden. Zumindest so lange, wie der Bastler den Sperrkegel, besonders die Sperrkegelschraube, nicht ruiniert. Wenn dann alles gut läuft, will sich die Feder entspannen und wird durch die Hemmung an anderer Stelle portionsweise daran gehindert. Ganz einfach, eigentlich.
Schema Einzelteile Kupplungsaufzug: a) Aufzugsrad; b) Aufzugstrieb; m) Aufzugswelle; o) Aussparung f. Winkelhebelstift; p) Vierkant auf dem Kupplungs- u. Aufzugstrieb sitzen; q) Ausfräsung f. Eingriff Zeigerstellhebel. Im Einzelnen: Aufzugsrad Kupplungstrieb
Schema Aufzug im Eingriff
Nun von der ZB-Seite: Die dunklen Komponenten sind in Aktion bzw. beschrieben
a) Aufzugsrad; b) Kupplungstrieb; c) Zeigerstellhebel; d) Zeigerstellhebel-Feder; e) Winkelhebel; f) Stellhebelstift; g) Winkelhebelstift (Stellung 1 an Winkelhebelfeder); h) Winkelhebelfeder als Teil der Wechselradbrücke; i) Wechselradbrücke (= auf ZB – Seite Haupt-Werkserkennungsmerkmal, wichtig für Flume und Fälschungen, da die sichtbaren Unterschiede von Original und Fälschung von der Werkseite nicht sichtbar sind) Wenn, zum Zwecke der Zeigerstellung, die Krone gezogen wird, werden Aufzugsrad und Kupplungstrieb außer Kraft gesetzt und der Zeigerstellhebel tritt in Aktion:
Bezeichnung wie vorhergehende Abbildung sowie k) Winkelhebelschraube; m) Aufzugwelle; n) Zeigerstellrad
Im Idealfall läuft dies wie folgt ab: Durch Ziehen der Krone/ Aufzugswelle wird der Winkelhebelstift (f) und der Winkelhebel nach oben mitgenommen, gelagert und drehend um Winkelhebelschraube (k). Dadurch gleitet der zweite Winkelhebelstift auf der Winkelhebel-Feder in Stellung 2. Dadurch wird der Zeigerstellhebel nach unten gedrückt und das Kupplungstrieb rutscht/ gleitet auf dem Vierkannt der Aufzugswelle nach unten. Daher hier Fetten und Ölen. Das Kupplungstrieb wird also vom Aufzugsrad (a) entkuppelt. Dafür macht es nun Bekanntschaft (kommt in Eingriff) mit dem Zeigerstellrad (n). Die Zeigerstellung erfolgt nun mittels Drehen der Krone / Drehen der Aufzugswelle. Dadurch dreht sich das auf dem Vierkant sitzende Kupplungstrieb. Dieses dreht das Zeigerstellrad (n). Jenes greift unmittelbar in das Zeigerwerk und stellt es. Alles klar?
Dann zum Wippenaufzug: Bei diesem Aufzug ist kein Kupplungstrieb vorhanden. Daher billiger/ einfacher. Dafür sitzt das Aufzugsrad auf einem Vierkant der Aufzugswelle, hat also ein viereckiges Loch. Gewöhnungsbedürftig. Und es muss sich beim Drehen der Welle zwangsläufig mitdrehen. Und wieder eine Darstellung (Malen nach Zahlen):
Das Aufzugsrad (a) greift diesmal in das Wippenrad (b) ein. Dieses ist auf einem Wippenansatz leicht drehbar gelagert, nicht verschraubt, sondern ist, wie die beiden kleinen Wippenräder, lediglich durch Verschrauben der Wippe (f) fixiert. Die Wechselradbrücke ist hier die Wippe. Das große Wippenrad (b) greift nun wechselnd – je nach Funktion; Aufzug oder Zeigerstellung – in die kleinen Wechselräder (c) rechts oder links ein. Aufzugstellung: (Bild oben) Durch Drehen der Krone/ des Aufzugrades, dreht das große Wippenrad und dieses das im Eingriff mit dem Sperrrad (e) befindliche Wippenrad (Wippenwechzwischenrad). Da sich der Aufzug vollständig auf der ZB-Seite befindet, muss auch das Sperrrad auf dieser Seite liegen. Darum ist auch die Form des Federkern eine andere. Durch Drehung des Sperrrades dreht sich, wie beim Kupplungsaufzug, auch der Federkern. In der Aufzugsposition befindet sich der Winkelhebel in der Stellung 1 auf der Raste der Wippe.
Wird nun die Krone zur Zeigerstellung gezogen, folgert folgende Situation: Der Winkelhebel (n) und der Winkelhebelstift ( i), in der Aussparung der Aufzugwelle sitzend, werden nach oben genommen / gezogen und der Stift drückt die Wippe nach unten. Die Wippe ist leicht drehbar und mit der Platine verschraubt. Bei der Abwärtsbewegung rutscht die Ecke des Winkelhebels in Position 2 und zwingt das Wippenrad (d) in Eingriff mit dem Zeigerwerk. Hier noch zu sehen: Wechselrad (p) u. folgend Minuten- bzw. Viertelrohr.
Sollten mich die Fachmänner u. Fachfrauen hier nicht zerreißen, werde ich diese Serie „Basteln nach Bildern“ bei Zeiten gerne weiterführen.
So long Longus
P.S.: Die Fachleute unter uns mögen mich gerne verbessern, ergänzen und weiter anleiten. P.P.S.: Wer Rechtschreibfehler findet kann sie behalten.
Eine gute Zeit wünscht Euer Longus
P.S.: auch in neuer Aufmachung gilt: wer Rechtsschreibfehler findet, kann sie behalten.
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