Liebe Forenten, ich hatte den Genuss beim Forumstreffen an der sehr ausführlichen und ungemein interessanten Führung in der Produktion von Nomos teilnehmen zu dürfen. Was mich seit diesem Tag häufig beschäftigt hat, ist die Frage in welche Richtung NOMOS seine Entwicklung treibt. Die Marke NOMOS hat einen ganz wesentlichen Anteil daran, dass Werke mit Handaufzug überhaupt noch gebaut und wohl auch gekauft werden. HAU Uhren haben auf mich schon immer einen ausgesprochen großen Reiz ausgeübt. Ich besitze sie in großer Zahl und Vielfalt. Die Entwicklung des NOMOS Automatik Kalibers 6101 markiert im Augenblick den Höhepunkt der Entwicklung bei allen Werken des Herstellers. Man kann sich jetzt noch einige weitere Komplikationen vorstellen (oder sogar irgendwann ein Chronographenwerk?). Mal schauen womit wir in den nächsten Jahren noch überrascht werden. Die höchste Entwicklungsstufe in größeren Stückzahlen betrachtet ist bei den HAU Werken das 4401. Eigentlich könnte man damit zufrieden sein. Schließlich verschlingt die Entwicklung eines neuen Werkes enorme Summen. Aber! Für mich als Liebhaber dieser Werkfamilie ist der Gipfel noch nicht erklommen. In den Grundzügen entspricht das Werk noch dem Peseux 7001. Was nichts ehrenrühriges ist. Zumal es enorm verfeinert und weiterentwickelt wurde. Ich spare mir hier die ganzen Schritte. Was fehlt mir also? Ich wünsche mir z.B. ein Werk mit zentraler Sekunde. Die kleine Sekunde finde ich bei Uhren mit kleinem Durchmesser immer etwas unglücklich. Die Firma SEIKO hatte spätestens mit den "Goldfeather" Uhren, Werke mit Zentralsekunde im Angebot die flacher als 3 mm waren. Die ebenfalls japanische Firma Citizen unterbot zur gleichen Zeit die Werkhöhe sogar noch um ein kleines Stück. Vor fast 60 Jahren! Und nicht im Stil einer Lange und Söhne, sondern in Serienfertigung für einen großen Weltmarkt und breiten Käuferschichten. Das wäre für mich die Messlatte. Es würde mich freuen, wenn NOMOS die Geschichte der HAU Kaliber noch nicht zu Ende erzählt hätte. Ich werfe das mal zur Diskussion in die Runde. Viel Text vom Krankenbett. Uwe aus Frankfurt
"Was die Zukunft anbelangt, so haben wir nicht die Aufgabe sie vorherzusehen, sondern sie zu ermöglichen." Antoine de Saint-Exupery
Hallo Uwe, mit deinen Ausführungen liegst du exakt auf meiner Linie. Für mich sind Uhren mit Handaufzugswerken immer noch der Auslöser meiner Uhrenliebe. Eine Handaufzugsuhr stellt für mich immer eine enge Bindung zum Objekt dar. Das morgendliche Ritual des Aufziehens und der Zeitvergleich mit dem Funkwecker lassen den Tag entspannt beginnen. Zu deinen Anmerkungen zu den Nomos-Werken möchte ich auch meine Meinung kundtun: Nomos stellt hochwertige Uhren her und muss sehen, dass sich die Firma trägt. Handaufzugsuhren sind nun einmal ein Relikt aus alter Zeit. Um gegen die höhenwertigen Quarzuhren bestehen zu können, sind aus meiner Sicht flache Uhren mit Automatikkalibern absolut notwendig. Dem heutigen Uhrenträger sind Handaufzugsuhren zu umständlich, es sei denn er ist gut betucht und kann sich Uhren der gehobenen Preisklasse leisten. Dass Handaufzugsuhren "out" sind, kann man auch daran erkennen, dass Firmen wie Rolex und Omega diese kaum noch in ihrer Produktionspalette haben. Schade, dass es so ist - aber ich freue mich, hier einen Gesinnungsgenossen gefunden zu haben. Viele Grüße Karsten
Auch für Uhrenbastler gilt: Erfahrung ist die Summe der Misserfolge
Ist das wirklich so, dass HAU out sind? Das wusste ich gar nicht und empfinde es selber auf jeden Fall nicht so.
Ich liebe das Morgenritual des aufdrehens der Uhr, des weiterlebens der Uhr. Bei Automatikuhren habe ich immer das Gefühl, ich MUSS sie weitertragen sonst hört sie damit auf. Quasi als liesse die Uhr mir keine Wahl.HAU sind da viel sänfter.
Ihr habt Beide in besseren Worten dargestellt worum es mir geht. Diese kurze Zeit der morgendlichen Besinnung genieße ich. Außerdem fällt der Uhrenwechsel leichter. Ein paar Umdrehungen und die Uhr des Tages läuft los. Ok. Datum ist oft etwas umständlicher einzustellen. Omega baut die Original Moonwatch mit schönem HAU Chronographenwerk. Dann gibt es als Hauptakteur auf diesem Gebiet natürlich NOMOS. Die dürften den größten Anteil auf dem Markt ausfüllen. Und vielleicht noch einige MicroBrands. Vor allem mit Unitas basierten Werken. STOWA verbaut auf Wunsch das durchaus ansehnliche ETA 2804-2 HAU Werk in einigen seiner Uhren. Jaeger le Coultre nicht zu vergessen. In vielen Reverso Modellen tickt ein Formwerk. Und dann natürlich die Tresor-Uhren der großen Namen mit viel Dresdner Barock und Edelmetall.
"Was die Zukunft anbelangt, so haben wir nicht die Aufgabe sie vorherzusehen, sondern sie zu ermöglichen." Antoine de Saint-Exupery
Ich sehe hier keine neuen Werke. Das 7001-Alpha, nebst Abwandlungen bis zum DUW 4401 zeigen, dass es bis heute damit "geht". Wieso sollte man etwas neues entwickeln, wenn das Alte noch gut ist. Das Epsilon (und Zeta ...) hat/te den Nachteil, dass es zu hoch baute, ebenso ist fraglich, ob hier weitere Einsparungen in der Fertigung möglich sind/gewesen wären. So ist die Modellfamilie "neomatik" neben Höhe, Swing und und und auch darauf ausgelegt es schnell zusammen bauen zu können. Nicht Wartungsarmut, Wartungsgeschwindigkeit oder was auch immer waren hier Gründe, in Berlin haben wir ja erfahren, dass es (auch) um vereinfachte Fertigung der Werke ging.
Solange man Neuentwicklungen, die ja Geld kosten, am Ende nicht monetrisieren kann, werden diese nicht durchgeführt.
2. Handaufzug allgemein
Omega 321, 861, 1861 sind "uralt" und werden weiterhin genutzt. Wenn man einen positiven Ergebnisbeitrag erwarten würde, wären hier auch Innovationen drin. Wird an aber nicht, da der Speedy-Interessierte am liebsten die Uhr hätte, die damals auf dem Mond war. Also heute noch eine möglichst nahe am "Original" sucht. Also auch hier: nur finanzielle Gründe.
Karsten sehe ich mit seiner Einschätzung der Kundenwünsche hier auf der richtigen Spur. Wenn wir die "verrückten Uhrenenthusiasten" heraus rechnen, bleiben die Kunden, die am Ende den Laden am Laufen halten müssen. Diese wollen zwar mechanisch, aber mit möglichst geringem Aufwand. Handaufzug ist einfach mehr Aufwand als Automatik, unabhängig letztendlich der günstigen Preise von ETA 2824 / SW 200. Das gros der Interessierten wird eher zu Automaten greifen, wenn es in erster Linie um Technik geht. Geht es NUR nach Optik, wird es wohl eher eine Quarzuhr. ;-)
Neben dem 7001, dass man auch heute noch bei mehr Herstellern findet, wird wohl das Unitas heute am meisten Verwendung in Handaufzugsuhren finden. Hier kann man einfach auch viel Werk in eine große Uhr packen. Auch sind hier unzählige Komplikationen möglichen, die bereits verwirklicht wurden.
Mühle baut heute (außer in der High Class Serie Rober Mühle & Söhne) keine Handaufzüge mehr. Die Teutonia III Reihe wurde vor ein paar Jahren (2?) eingestellt. Die Uhren gab es für fast jeden Geschmack: Römer, Araber, Kleine Sekunde, Zentralsekunde usw. - dennoch wird sich die Uhr zu selten verkauft haben, dass diese dann eingestellt wurde.
3. Luxusuhren
Edelmetalle, Sondereditionen, Uhren (weit) über 10.000 Euro werden häufig gar nicht getragen. Eine Lange & Söhne, eine Glashütte Original oder noch "höherwertige" Hersteller bauen Uhren eben nicht nur fürs Handgelenk, hier wird die eine oder andere Uhr auch für den Safe gebaut. Da dort sowohl Handaufzüge als auch Automaten stehen bleiben, ist der Antrieb letztendlich egal.
Fazit daraus: der Markt entscheidet, bzw. hat entschieden.
Gerrit
----------------------------------------- Salzflecken auf dem Teppich gehen am besten mit Rotwein wieder raus...
Ich sehe in deinen Ausführungen keinen Widerspruch zum vorher gesagten. Ich halte die Minimatik Werkfamilie für toll. Allein die Lösung mit der Unruhbrücke ist optisch sehr schön. Ich bin aber nicht sicher, ob NOMOS großen Erfolg hatte obwohl sie nur das Alpha Werk und die Weiterentwicklungen daraus hatten oder weil sie die eben hatten. Die Liebhaber der Tangente fanden das mit dem Handaufzug glaube ich schon gut. Aber eine "richtige" Antwort darauf werden wir nicht finden. Ich behaupte mal, das mehr Tangente als Tangomaten verkauft wurden/werden. Zur Frage warum NOMOS in ein neues HAU Werk investieren sollte, gebe ich zur Antwort, aus dem gleichen Grund weshalb sie die Minimatik Werkslinie entwickelt haben. Um ihre Erfahrungen in der Konstruktion von Uhrwerken auch in den HAU Bereich einzubringen. Um die Werke günstiger herzustellen bzw. montieren zu können. Um mehr Modular arbeiten zu können. Um zu zeigen das sie es können. Ich finde den Anblick einer Orion mit Glasboden einen Traum. NOMOS wird deshalb wohl auf lange Zeit nicht auf HAU Werke verzichten. Im Augenblick hat das Werk Alpha wegen der Zugekauften Unruh und Regulierung sicherlich auch Kostenvorteile. Wäre das Nomos Swing günstiger in der Herstellung hätte NOMOS wohl schon alle Werke umgestellt. Die sehr schönen Mühle Uhren mit HAU Kaliber hatten in meinen Augen das Problem, dass die Gehäuse recht groß waren. Für viele Arme zu groß. Mit kleineren Formaten hat es Mühle nicht so.
"Was die Zukunft anbelangt, so haben wir nicht die Aufgabe sie vorherzusehen, sondern sie zu ermöglichen." Antoine de Saint-Exupery
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