Interessante Entdeckung... Ich habe mal ein wenig nachgeforscht und meine herausgefunden zu haben, daß das Design der Platinenverzierung und der Tanks zurückgeht auf ein Ereignis in einem kleinen Dorf, das leider nicht mehr existiert.
Im Herbst 1929 ging der begeisterte Hobbywinzer Alphons P. aus F. an der M., der nebenbei auch im Vorstand der "Vereinigung der Freunde der Zeitmessung von 1878 e.V." aktiv war, nach einer umfangreichen Qualitätskontrolle im eigenen Weinkeller stockbesoffen zur Vorstandssitzung der Zeitmessvereinigung. Nach einem geharnischten Rüffel des Präsidenten (dokumentiert als außerordentlicher Tagesordnungspunkt im Sitzungsprotokoll) entspann sich eine lautstarke Diskussion, in deren Verlauf der gesamte Vorstand es für nötig erachtete, eine Ortsbegehung an der Quelle des mißlichen Zustands von Alphons P. durchzuführen (der außerordentlich guter Laune war - allerdings redete er nur wirres Zeug). Dies geschah sehr zum Mißfallen des Wirtes, in dessen Nebenzimmer der Vorstand wie immer tagte, führte diese Verkürzung der Sitzung doch zu einem erheblichen Umsatzverlust an diesem Abend, der letztlich dazu führte, das die Wirtstochter Elfriede nicht wie geplant mit ihrem Verlobten... aber das ist eine andere Geschichte.
So kamen Friedbert K., ehrenamtlicher Turmuhrenöler und Kassenwart der Vereinigung, im Hauptberuf jedoch Milchbauer, sowie der angesehene Ortsuhrmacher Fürchtegott L. erstmals in Sichtkontakt mit den neuen Alphons'schen Weintanks. Der war damals schon sehr fortschrittlich und lagerte seine Weine neuerdings in Stahltanks statt Holzfässern. Um die triste Metalligkeit der Tanks ein wenig an die gewohnte Holzmaserung der Fässer anzupassen, hatte wenige Tage zuvor Alphons P.s Nichte Marianne im zarten Alter von 6 Jahren die glatten Tankwände mit kreis- und wellenförmigen Mustern verziert.
Über den genauen Verlauf des Ortstermins im Weinkeller ist nichts bekannt, keiner der Teilnehmer war in der Lage, hinterher sinnvoll zusammenzufassen, was passiert war. Friedbert K. wurde erst zwei Tage später in einer Scheune der Landwirtschaftlichen Erzeugergenossenschaft gefunden (sein linker Schuh tauchte erst Jahre später wieder auf, als... aber das ist eine andere Geschichte), Alphons kam zu der Erkenntnis, daß sein Wein doch Kopfschmerzen verursacht (wobei böse Zungen behaupten, die seien von seiner Frau Mathilde per Nudelholz induziert worden, was ihr aber nie nachgewiesen werden konnte), und Fürchtegotts Werkstatt blieb drei Tage geschlossen, wodurch sein Lehrling Ottmar, der eigentlich für seine bevorstehende Hochzeit mit... aber auch das ist eine andere Geschichte (und nicht die von oben erwähnter Elfriede). Wie dem auch sei, nach dieser Nacht tauchten bald die ersten Muster auf Friedberts Milchtanks auf, die denen von Alphons' Weintanks recht ähnlich waren, und Fürchtegott L. begann, Uhren, die er reparierte, mit ähnlichen Motiven (nur deutlich kleiner) zu verzieren.
Die Muster haben sich dann von F. an der M. aus langsam verbreitet und leicht angepasst. So stellt sich z.B. heraus, daß die Verzierung eines 3000-Liter-Tanks mit Kreisen mit 3 mm Durchmesser zu einer unverhältnismäßigen Verteuerung der Tanks führte. Das hat sich nicht durchgesetzt, daher ist das heute verwendete Muster viel größer. Andererseits entwickelte sich aus der Rückübertragung der vergrößerten Muster auf feine Uhren bei Uhrmachern in anderen Regionen der heute noch gebräuchliche Streifenschliff (die leichte Biegung des Ursprungsmusters wurde dort bald als Mangel angesehen und die parallelen Kurvenabschnitte wurden begradigt, wodurch Streifen entstanden).
Es ist also durchaus nicht ungewöhnlich, daß Milchtankwagen (übrigens eine Weiterentwicklung der stationären Milchtanks im Zuge der Überregionalisierung der Agrarwirtschaft, angestoßen durch... aber das ist eine andere Geschichte), Weintanks und Uhrenplatinen ähnliche Muster aufweisen. Es könnte natürlich auch alles ganz anders gewesen sein. Aber mal ehrlich - wollen wir das so genau wissen?
Es handelt sich um den sog. Pfauenaugen-Schliff. Er wird tats. etwa so aufgebracht wie die Perlage auf Uhr-Platinen. Ursprünglich gedacht als reine Verzierung der grossen Flächen, ist dieser Schliff heute als Kennzeichnung von Behältern für Nahrungsmittel (vorgeschrieben ?) vorbehalten.
Freu dich auf jeden neuen Tag. Auch wenn die Chance besteht, dass es ein beschissener Tag wird, oder ein sehr schöner, oder ein ganz normaler. Mit wechselnder Bewölkung und 30 Prozent Regenwahrscheinlichkeit.
Danke, Alex, für deine Recherche. Ich bin sprachlos und voller Respekt ob deiner Lebenszeit, die du dafür - und damit für uns - geopfert hast. Das ist echte Liebe.
Gruß, Martin
Die Zeit, die du für deine Rose verloren hast, sie macht deine Rose so wichtig (Antoine de Saint Exupéry: "Der kleine Prinz")
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