@Mimifreund, @Theo ich bin mir sicher, dass es sich um eine Taschenuhr mit Ankerhemmung handelt. Zu erkennen am Ankerrad und an einer sichtbaren roten Ankerpalette. Was die Genauigkeit angeht, bin ich ganz bei Dir, Theo. Bevor eine Regulierung aber durchgeführt werden sollte, ist die Werk zu zerlegen, zu reinigen und neu zu ölen. Dann kann man mit der Einregulierung beginnen. Wie Du, Mimifreund geschrieben hast, liegt die Uhr schon einige Zeit rum und ich vermute, dass das Öl verharzt ist. Eine Überholung tut also Not. Zum Werk ist zu sagen, dass es mit den vielen Kloben damals durchaus zeitgemäß war. Werke dieser Bauart findet man in allen Größen auf dem Markt, allerdings vorwiegend mit Zylinderhemmung. Viele Grüße Karsten
Auch für Uhrenbastler gilt: Erfahrung ist die Summe der Misserfolge
@kdorn : mit meiner Brille seh ich nur, daß das -relativ kleine - Ankerrad viel zu weit aus der Mitte ist, als das es in einen Zylinder eingreifen könnte. Aber was anderes habe ich entdeckt, schau mal hier: Das ist der Unruhreif vom Uropa Merkel seiner Longines. Ist der gerissen oder hat er dort eine Kerbe ? Ich verlass mich wieder auf Deine Brille.
@Theo der Unruhreif ist dort geschlitzt, ebenfalls auf der gegenüberliegenden Seite. Es handelt sich um eine Kompensationsunruh mit einem Bimetallreif. Wenn die Umgebungstemperatur steigt, kann der Unruhreif sich ungehindert ausdehnen und den Durchmesser vergrößern. Die Unruh schwingt etwas langsamer. Bei tiefen Temperaturen verkleinert sich der Durchmesser und die Unruh schwingt schneller. Anzumerken ist, dass die Innenseite bei meiner Longinus vermutlich ein Stahlreif ist auf dem ein Messingreif aufgewalzt ist. Dieser Arbeitsschritt des Aufwalzens erfolgt bevor der Reif gebogen und bearbeitet wird. So ist jedenfalls mein Wissensstand. Viele Grüße Karsten
Auch für Uhrenbastler gilt: Erfahrung ist die Summe der Misserfolge
@kdorn : Aha, das ist interessant. Danke vielmals. Dann ist ja diese Unruh richtig was pfiifiges. Allerdings hab ich jetzt ein wenig Bauchgrummeln wenn ich mir die Fertigung des Reifens vorstelle. Messing und Stahl werden sozusagen als Flach-Band aufeinander gewalzt. Das ist seit 200 Jahren Stand der Technik. Anschl. in Stücke geschnitten, gebogen zu einem kompletten Reifen, zugelötet, feinbearbeitet (Grat, Maß und Trallala), irgendwie mit den Stegen und der Welle verbunden, anschl. geschlitzt, geboht, Gew. geschnitten und gewuchtet. Das gab 80% Ausschuß ! Hut ab. Aber wer weiß wozu unsere Altvorderen im Stande waren. Ist das irgendwo beschrieben?
Hallo, ich lag da doch etwas falsch. Im uhrenwerkstattforum.de gibt es einen Thread "Bitte um Mithilfe bei der Identifizierung einer älteren Taschenuhr". MarkoStuhr hat in Antwort #25 zwei Seiten aus der alten Zeitschrift "Die Uhrmacherkunst" Nr. 50 eingestellt. Diese beinhalten einen Bericht von einem Besuch von Jendritzky beim Unruhhersteller Griesbach in Glashütte. Er beschreibt darin die Fertigungsschritte einer solchen Kompensationsunruh. War auch neu für mich! Viele Grüße Karsten
Auch für Uhrenbastler gilt: Erfahrung ist die Summe der Misserfolge
Hallo, im Oktober 2014 sind uns im Rahmen einer Stadtführung in Glashütte auch die Namen der beiden bedeutenden Unruh-Hersteller Bernhard Kohl und Richard Griessbach begegnet. Für die, die damals nicht dabei waren, möchte ich kurz auf die beiden eingehen. Grundlage ist das kleine Heftchen "Spuren der Zeit", was im Uhrenmuseum erworben werden kann. Bernhard Kohl (1832 - 1908) war einer der ersten Lehrlinge von Ferdinand Adolph Lange. Seine Lehre bei Lange beendete er vorzeitig und er eröffnete seine eigene Werkstatt. Er spezialisierte sich auf Kompensationsunruhen, die nahezu vollkommen waren. Nach Aufnahme der Fertigung von Marine-Chronometern in Glashütte stieg der Bedarf an K-Unruhen sprunghaft an, so dass ein neues Fabrikationsgebäude errichtet wurde. Seine Söhne waren ab 1902 Mitinhaber der Firma. Wenn ich mich recht erinnere ist im Uhrenmuseum eine Palette von Kohl ausgestellt, die jeden Arbeitsschritt, der zur Herstellung einer präzisen Kompensationsunruh nötig ist, zeigt. Richard Griessbach (1868 - 1948) absolvierte eine Lehre bei Kohl und machte sich 1895 selbständig, arbeitete aber weiter für Bernhard Kohl. Die Griessbachschen Kompensationsunruhen erlangten Weltrum. Er war maßgeblich an der Einführung der Nickelstahlunruh in Deutschland beteiligt. 1916 zog er als Untermieter in das Wohnhaus der Familie Lange. Es ist überliefert, dass Griessbach die Unruhherstellung in seiner Wohnung und auf dem Balkon ausgeführt hat. Ab 1917 arbeitete auch sein Sohn Rudolf in der Firma mit. 1935 zogen die Griessbachs in ein neues Produktionsgebäude. Im Jahre 1960 meldeten sie ihr Unternehmen ab, weil die GUB als Kunde verloren ging. Aus Kostengründen fertigte GUB seine Unruhen selbst. Ich hoffe ich habe Euch neugierig gemacht und Ihr wollt vielleicht noch mehr wissen. Einfach mal googeln! Viele Grüße Karsten
Auch für Uhrenbastler gilt: Erfahrung ist die Summe der Misserfolge
Hallo, liebe Uhrenfreunde! Ich bin wohl einer der wenigen, die diesen Thread beackern. Heute flatterte mir etwas besonderes auf die Werkbank und ich möchte euch dieses nicht vorenthalten. Ein älterer Herr aus unserem Ort, dem ich schon seine Urgos-Wanduhr repariert hatte, legte mir die Uhr auf den Tisch mit der Bitte, sie mal zu ölen. Schon der erste Blick machte mich neugierig. Es handelt sich um eine Sprungzifferuhr vermutlich aus der Westschweiz. Ich würde das Herstellungsdatum um die letzte Jahrhundertwende datieren. Die Uhr hat noch kein Ankerwerk, sondern einen Zylindergang. Die unzerlegte Uhr läßt auf keinen Hersteller bzw. Herstellland schließen. Vielleicht finde ich einen Hinweis auf der Zifferblattseite. Bei der Punze auf dem Werk, G.T im oval, handelt es sich um den Hinweis auf das Patent der Fa. Gedeon Thommens aus Waldenburg bei Basel. Die Patentierung erfolgte mit der Nr. 7145 am 11. Juni 1885. (Quelle: Reinhard Meis, Taschenuhren im Callway-Verlag) Hier die Bilder:
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