Hallo, nachdem dieser Thread lange Zeit nicht bedient wurde, möchte ich ihn wiederbeleben. Ich weiß nicht, ob meine Vermutung stimmt, aber ich sehe goldene Uhrenketten, die aus den Westen hängen, immer häufiger. Für mich stellt sich diese Frage nicht, weil ich zum guten Anzug mit Weste stets eine Taschenuhr trage. Zu meiner Schande muss ich aber gestehen, dass ich in diesen Fällen immer mit zwei Uhren ausgestattet bin, weil sich trotz Taschenuhr irgendeine Armbanduhr am Handgelenk befindet. Heute möchte ich Euch ein Erbstück vorstellen, dass in diesem Jahr das 100ste feiert. Es handelt sich um eine Longines, die der Urgroßvater meiner Frau zum 25-jährigen Dienstjubiläum in der königlichen Geschützgießerei in Berlin-Spandau am 13. April 1913 überreicht bekam. Die Uhr hält exakt die Zeit und diente mir daher lange Jahre als Borduhr beim Rallyefahren. Irgendwann ist sie dann auf das Straßenpflaster gefallen und das Glas und die Unruhwelle hatten das Zeitliche gesegnet. Vor einigen Monate ist sie mir wieder in die Hände gefallen und ein befreundeter Uhrmacher hat die Unruhwelle erneuert. Das Glas habe ich selbst ersetzt. Nun strahlt sie wieder in altem Glanz. Da ich noch zwei goldene Taschenuhren besitze, wird sie wahrscheinlich nicht mehr getragen werden. Sie dient als schönes Erinnerungsstück. Da Ihr ja immer Bilder sehen wollt, hier kommen sie:
Hier die Frontansicht, das Zifferblatt ist unbeschädigt
Der Staubdeckel mit dem Konterfei des deutsche Kaisers Wilhelm III
... und hier das Werk mit Schraubenunruh
Auch für Uhrenbastler gilt: Erfahrung ist die Summe der Misserfolge
Sehr schön, Karsten. Der Taschenuhren-Faden verdient es ab und an mal wieder hervor geholt zu werden.
Die Longines gefällt mir sehr gut, sehr beeindruckend sind dabei immer die Werke. Die schönen geschwungenen Brücken, die große Schraubenunruh Herrlich! Auch toll, dass das Emaille-Blatt noch unversehrt ist.
Danke fürs Zeigen.
Torsten ------------------------------------------------- "WE'VE GONE TOO FAR" <The Expanse>
Hallo, heute möchte ich Euch meine letzte Taschenuhr-Errungenschaft vorstellen und einiges zur Geschichte der Billigtaschenuhren ausführen. Mein Wissen bezog ich aus dem Buch von Robert W. Latzel: Die Entwicklung der Taschenuhr für jedermann in Deutschland. Doch alles der Reihe nach. Ein Freund von mir ist selbständig und löst alte Wohnungen auf, bzw. kauft auch komplette Hinterlassenschaften. Oft kommt er zu Stand- oder Wanduhren, die ich dann begutachte und preislich einordne. Vor ca. drei Monaten saßen wir zusammen und er übergab mir einen ziemlich demolierten Pappkarton mit Inhalt als Geschenk. In dem Karton befand sich die nachstehende Taschenuhr mit dem Zifferblattaufdruck Josef Witt, Weiden. Die Uhr war in einem vergammelten Zustand und die Unruhspirale war total verhettert. Sie hatte sich teilweise um den Unruhkloben gelegt. Des Weiteren befand sich im Karton ein Schutzgehäuse für diese Uhr und ein Lederarmband, das die Uhr aufnehmen kann, damit sie am Handgelenk getragen werden kann. Damit die Uhr im Schutzgehäuse nicht klappern konnte, waren Zeitungsausschnitte rund ausgeschnitten und mehrfach übereinander gelegt. Nach dem auseinanderfalten sah ich, dass die Zeitung vom Mittwoch, den 23. März war. Im Internet stieß ich dann auf die Jahre 1923 und 1927, was sich zeitmäßig mit Latzel deckt. Da die ortsansässigen Uhrmacher sich weigerten, solche billigen Taschenuhren zu verkaufen, mussten sich vornehmlich Thiel und Haller nach anderen Vertriebswegen umsehen. Man stieß dabei auf die Versand- und Kaufhäuser, die aber forderten, dass ihr Name auf dem Zifferblatt gedruckt wird. Uhren aus dieser Zeit findet man kaum noch, weil diese getragen wurden und nach dem sie defekt waren, weggeworfen wurden. Es ist schon merkwürdig, dass eine so gut erhaltene Uhr in meine Hände gelangte.
Viele Grüße Karsten
Auch für Uhrenbastler gilt: Erfahrung ist die Summe der Misserfolge
Hallo Karsten. Es ist schon interessant, welche Wege manche Dinge nehmen. Deinen kurzen Bericht habe ich mit Interesse gelesen und finde es toll, dass diese Uhr den Weg zu dir gefunden hat. Du schreibst in deinem Text, dass die Unruhspirale total verhettert war. Konntest du das richten und die Uhr wieder zum Laufen bringen?
Markus
Wende dein Gesicht der Sonne zu, dann fallen die Schatten hinter dich. (Afrikanisches Sprichwort)
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