(1) 'Entwertung der Uhr durch Rabatte': Wenn ein Hersteller seine Händler im Griff hat, werden Neuuhren auch nicht wie beschrieben durch den Graumarkt 'entwertet', die Frage für den Hersteller ist jedoch, ob er sich das leisten kann. Nicht jede Marke hat das Ansehen und erweckt die Begehrlichkeit im potenziellen Kundenkreis, um ausufernd die Preise erhöhen zu können, sondern muss unter Einbeziehug des Graumarktes die Einnahmen erzielen, die wünschenswert sind und das führt dann die benannte Entwertung herbei. (Nomos scheint offenbar darauf angewiesen zu sein.)
3.800 VkP - 1.900 EkP - 606,72 MwSt ans Finanzamt, dagegen v. Finanzamt Vorsteuerabzug von +303,36, ergibt eine Roheinnahme v. 1596,64 EUR und nicht wie vorgerechnet 1293,28. (Der Vorsteuerabzug ist übrigens nicht aufs einzelne Produkt bezogen, sondern der Konzi kann jegliche Mehrwertsteuer, die er im Rahmen seines Geschäftsbetriebs an einen Lieferanten bezahlt hat, dagegen rechnen, sogar die MwSt auf das Toilettenpapier für seinen Laden.)
(4) Da im Beitrag #107 die Steuerthematik angesprochen wurde, führe ich hier nun doch noch das Folgende aus. (Ich wollte das ursprünglich erst gar nicht aufgreifen.)
(4.1) Die uns allen bekannte Mehrwertsteuer trägt einzig und allein der private Endkunde. Das geschieht, indem jeder Beteiligte, an der Wertschöpfungskette eines Produktes, die von ihm ans Finanzamt abgeführte Mehrwertsteuer von seinen Abnehmer per Rechnung wieder einholen kann und muss, wobei die Mehrwertsteuer, die er an seinen Vorlieferanten bezahlt hat, dagegen gerechnet wird (Vorsteuerabzug). Das letzte Glied in der Kette ist der private Verbraucher, er kann die Mehrwertsteuer nicht mehr hereinholen. Die Mehrwertsteuer hat 2 Zielsetzungen: Erstens zahlt sie der Verbraucher und zweitens kassiert der Staat bereits Steuern, bevor ein Produkt beim Konsumenten angekommen ist, denn wenn z.B. eine Uhr beim Händler unverkäuflich sein sollte, hat der Staat die Steuer bis zum Einkaufspreis für den Händler kassiert, obwohl das Produkt nicht an seinem Ziel (Endkunde) angekommen ist. In diesem Fall wäre der Händler der Gekniffene, denn er hat die Mehrwertsteuer an seinen Vorlieferanten bezahlt, ohne diesen Steuerbetrag wieder von einem Endkunden hereingeholt zu haben. Er kann diesen Betrag aber wieder als Vorsteuer von anderen Mehrwertsteuerzahlungen an das Finanzamt abziehen. Wenn allerdings das Finanzamt bemerkt, dass eine Händler überwiegend mehr Vorsteuer anrechnet, als er Mehrwertsteuer an das Finanzamt abliefert, riskiert er eine Steuerprüfung mit allen der möglichen Folgen.
(4.2) Im Beitrag #107 wurde richtigerweise ausgeführt, dass die 'Marge' für den Konzi nicht sein Gewinn ist. Völlig richtig! Es fehlt nur die Erwähnung, dass der Konzi darauf auch noch weitere Steuern, je nach Rechtsform, zahlen muss und das ist auch nicht wenig. Hier breche ich eine Lanze für den Konzi. Das heißt, jeder, der Glied der Wertschöpfungskette ist, zahlt Steuern und schlussendlich der Endkunde auch noch die Mehrwertsteuer, die bis zu ihm kostenneutral durchgereicht wurde.
Deine Berechnung zu 2 ist insoweot richtig, wenn der Konzi 50% vom Listenpreis (incl. USt.) als Rabatt bekommen würde, letztlich bekommt der "normale" Konzi diesen Rabatt nicht. (Siehe oben).
Der Händler überweist 606,72 Euro, die er vom Kunden kassiert hat, an das Finanzamt.
Von seinem Einkaufspreis (um bei Deinem Beispiel zu bleiben): 303,36 Euro erhält er zwar als Vorsteuer zurück, diese hat aber zuvor der Hersteller (Großhändler etc.) ans Finanzamt abgeführt. Der eine zahlt, der andere lässt es sich wieder geben.
So stimmen auch die Ausführungen unter 4.1. nur zum Teil:
Am 09.02.2018 erhält der Händler eine RE vom Lieferanten über 1.900 Euro incl. 303,36 Euro - er zahlt die 1.900 (er ist sehr schneller Zahler) auch am 09.02.2018. In seiner USt.-VA für den Februar 18 gibt er diesen Betrag als Vorsteuer an und kann diesen mit den eingenommenen Umsatzsteuern im Februar verrechnen. Diese "Gutschrift" vom Finanzamt wirkt sich (mit Fristverlängerung und Ausnutzung der rechtlichen Möglichkeiten) am 15.4.18 aus. Der Zeitpunkt in dem die eingenommenen Umsatzsteuern (02/18) ans FA abgeführt werden müssen. Das die Vorsteuer erst bei einem Verkauf eines Produktes abgezogen werden kann ist so nicht korrekt.
Natürlich kann es sein, dass der Händler in Basel groß eingekauft hat und nun im März oder April mehr einkauft als ausgibt, dann erhält er zum Fälligkeitszeitpunkt die Vorsteuer erstattet. Wenn das natürlich jeden Monat vorkommt, schaut das Finanzamt evtl. mal vorbei. Grundsätzlich wird hier aber auch auf die verkauften Produkte und die Vorjahre geachtet. Wenn es jedes Jahr so ist, dann findet vielleicht im ertsen oder 2. Jahr eine Prüfung statt, danach auch nicht mehr.
Zu 4.2
Nicht nur Konzis/Händler zahlen Steuern. Jeder Arbeitnehmer zahlt die Einkommensteuer (wie der Unternehmer auch), bei einem Händler fällt jedoch hierzu noch an: Gewerbesteuer, IHK Beitrag, Berufsgenossenschaft usw. - Allerdings fallen diese Kosten (je nach Größe des Grauhändlers) auch bei diesem an. Sofern der Gewinn des Grauen über 24k im Jahr liegt, zahkt er Gewerbesteuer - bei uns in OWL ab 5.000 Euro Gewinn IHK Beitrag...
VG
Gerrit
----------------------------------------- Salzflecken auf dem Teppich gehen am besten mit Rotwein wieder raus...
Vielen Dank, Gerrit für Deine ergänzenden und präzisierenden Erläuterungen. Natürlich ist der Zeitpunkt des Vorsteuerabzugs nicht an den Zeitpunkt eines Verkaufs gebunden. Aber ich wollte der Übersichtlichkeit halber nicht zu viel in meinen Beitrag packen, wobei ich es zuletzt ja doch erwähnte, nämlich im Beispiel der nicht verkauften Uhr.
Aber mal was ganz anderes zum Wesen der Mehrwertsteuer. So zum nachdenken in einer ruhigen Minute. Ich weiß, es gört hier nicht zum Thema. Man möge mir das verzeihen.
Wir arbeiten, beziehen dafür einen Lohn, von dem uns zur Finanzierung des Staatswesens die Einkommensteuer einbehalten wird. Um das machen zu können, müssen wir essen, uns kleiden und auch für ein Dach über dem Kopf sorgen. Aber all das kostet und enthält auch die Mehrwertsteuer. Wenn wir uns dieser verweigern wollten, würden wir folglich verhungern und würden dann auch keine Einkommensteuer mehr bezahlen. Heißt das nicht, dass wir Steuern zahlen müssen, um Steuern zahlen zu können? Wenn das mal kein Tollhaus ist, in dem wir da leben.
Und über die Ver(sch)wendung der erzielten Steuereinnahmen kann man dann auch noch ins Grübeln kommen, was u.U. stark lebensverkürzend wirken kann wg. zu starken Blutdruckanstiegs.
oder Steuern auf Steuern: bei jedem Tanken (bzw. dem Bezahlen danach) zahlst Du einen erheblichen Anteil Mineralölsteuer und auf diesen Betrag zusätzlich die USt. Davon gibt es noch mehr Beispiele ...
Letztlich muss man aber auch sehen, was wir vom Staat WIRKLICH bekommen: Straßen, Krankenhäuser und vor allem Sicherheit (damit meine ich nicht vor Anschlägen) und eine große Freiheit...
Jede Medaille hat 2 Seiten ...
Gerrit
----------------------------------------- Salzflecken auf dem Teppich gehen am besten mit Rotwein wieder raus...
Zitat von fmattes im Beitrag #107Es gibt aber auch noch eine besondere Art der Mehrwertsteuer Berechnung, die sogenannte Differenzbesteuerung. Diese kann von Händler gebrauchter Produkte in Anspruch genommen werden, da diese in aller Regel gebrauchte Produkte von Privatpersonen ankaufen. Dei Privatpersonen können dem Händler natürlich keine Mehrwertsteuer im Rechnung stellen, und für das Produkt wurde ja schon irgendwann einmal von einer Privatperson, die das Produkt damals erworben hat Mehrwertsteuer bezahlt. Deshalb kann der Gebrauchtwarenhändler die sogenannte Differenzbesteuerung wählen. Er muss dann an das Finanzamt nicht 19% Mehrwertsteuer auf den Verkaufspreis, sondern nur 19% Steuer Mehrwertsteuer auf die Differenz zwischen dem Verkaufspreis und seinem Einkaufspreis abführen. Wie wird aber aus einer neuen Uhr eine gebrauchte Uhr (eine oft sogenannte "Tresoruhr") um die Differenzbesteuerung in Anspruch nehmen zu können? Dazu braucht man einen weiteren Länder, der im EU Ausland sitzt (und meist auch den Graumarkthändler gehört). Es verkauft also der Händler (nennen wir ihn mal "Konzi") die Uhr an eine Briefkastenfirma in Holland (nennen wir die mal "Dunkelgrau"). Da er si Uhr ins EU Ausland verkauft muss es in diesem Falle keine Mehrwertsteuer berechnen. Dunkelgrau verkauft die Uhr dann wieder an den deutschen Graumarkthändler (nennen wir ihn mal "Grau"). Auch da wird wegen einen weitere EU Auslandsgeschäftes keine Mehrwertsteuer berechnen. So wurde also aus einer neuen Uhr eine gebrauchte Uhr, die dann von Grau n Deutschland verkauft und dann nur noch differenzversteuert wird.
Da ich in Sachen Steuern "vom Fach" bin muss ich hier widersprechen. Die Differenzbesteuerung ist bei einem EU-Einkauf von einem Händler nicht möglich.
Um in deinem Beispiel zu bleiben: Verkauft Dunkelgrau aus NL an Grau in D ist das eine innergemeinschaftliche Lieferung, die für Dunkelgrau umsatzsteuerfrei ist, für die Grau aber 19% Umsatzsteuer abführen muss, gleichzeitig kann er die Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen. Die Tatsache, dass er Umsatzsteuer für den Einkauf berechnen muss (auch wenn er effektiv nichts ans Finanzamt zahlt) schließt die Anwendung der Differenzbesteuerung aus. Zitat aus § 25 Abs. 7 UStG: "Die Differenzbesteuerung findet keine Anwendung auf die Lieferungen eines Gegenstands, den der Wiederverkäufer innergemeinschaftlich erworben hat, wenn auf die Lieferung des Gegenstands an den Wiederverkäufer die Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen im übrigen Gemeinschaftsgebiet angewendet worden ist."
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