Maj Sjöwall + Per Wahlöö * Roman über ein Verbrechen * Die "Martin Beck"-Romane. Die Klassiker der skandinavischen Krimiliteratur.
Ich liebe skandinavische Krimis… Håkan Nesser, Jo Nesbø, Henning Mankell, der Isländer Arnaldur Indriđason, das sind meine Favoriten. Die "Klassiker" Sjöwall/Wahlöö haben mich nie sonderlich interessiert; ich hatte ein wenig Angst davor, weil die 10-bändige Reihe um Martin Beck "sozialkritisch" angelegt ist und noch dazu Mitte der 60er bis Mitte der 70er spielt. Puh… Schwedisches Sozialdrama aus meiner Kinderzeit, will ich das lesen? Nö, nicht so richtig. Gleichzeitig ist mir nicht aus dem Kopf gegangen, daß die Bücher auf http://www.krimi-couch.de Bestwertungen erreichen. So alte Schinken und sollen so gut sein? Über andere Bücher aus dieser Zeit kann man heute ja bestenfalls noch schmunzeln. Gerade Krimis sind doch eher "Gegenwartsliteratur" - was vor 20 Jahren hochspannend war, ist heute oft völlig langweilig. Trotzdem dachte ich kürzlich, als während des Urlaubs das Hirn mal wieder entlastet war, ich probier's mal.
Jetzt wird's ein bißchen absonderlich… so bin ich nun mal . Ich dachte mir, wenn schon, will ich alle Bände lesen. Und die sollen dann auch optisch zusammenpassen. Auf der Suche nach einer Komplettausgabe bin ich drauf gestoßen, daß es die nicht mehr gibt. Es werden zwar heute alle 10 Bände verkauft, aber als einzelne Bücher. Irgendwie erschien mir das nicht so schön wie eine Komplettbox - die es natürlich nur gebraucht gibt. Oftmals unvollständig oder in bedauernswertem Zustand. Kürzlich lief mir dann diese schwarze Box über den Weg, vollständig, in gutem Zustand, und preislich akzeptabel. Die Originale sind erschienen in Stockholm zwischen 1968 und 1977, meine Ausgabe von rororo ist von 1991 und kostete im Schuber mit Begleitheft 48 DM. Das wären rund 24 €. Ich hab' mehr bezahlt, 42 € mit Versand. Da machen sich 22 Jahre Inflation und der Euro bemerkbar. Andererseits kosten die heutigen Taschenbücher 9 - 10 Euro pro Stück. Ab dem fünften Band bin ich also rechnerisch im Plus. Mal ganz davon abgesehen, daß mir diese alten Schmöker einfach gefallen.
Band 1, "Die Tote im Götakanal", trägt noch nicht die sozialkritischen Züge, die in diversen Rezensionen für spätere Bände angekündigt sind. Noch bin ich also nicht abgeschreckt. Es ist ein erstaunlich aktuell wirkender, gut lesbarer Krimi mit skandinavischem Einschlag. Das Alter ist der Geschichte kaum anzumerken. An manchen Stellen meinte ich Mankell zu lesen - ihn haben die Bücher seiner Landsleute offensichtlich inspiriert. Ab und zu ist die Übersetzung etwas hölzern (das wurde in späteren Ausgaben verbessert), aber das stört mich gar nicht. Es passt zur Atmosphäre der Geschichte und zum Geruch der Bücher. Mit Band 1 war ich sehr zufrieden, in den nächsten Wochen werde ich die Folgebände lesen. Mal sehen, wie sich das entwickelt.
Danke Alex. Ich bin gespannt wie Deine Meinung nach dem 10. Band sein wird. Auch ich mag die skandinavischen Krimis. Aber an einen solchen alten Schinken hätte ich mich nicht rangewagt. Jetzt machst Du mich neugierig.
——————— Es gibt einen Tag an dem alles anders werden kann. Und dieser Tag ist heute.
Die Kommissar Beck Romane habe ich auch mal angefangen, aber nach dem 3. habe ich aufgehört, weil sie mir etwas zu langweilig waren. Im Fernsehen gefallen sie mir besser. Vielleicht darf man die Filme nicht gesehen haben, um unvoreingenommen zu sein.
Im Urlaub habe ich wieder mal ganz viel gelesen, meine Top 3 des Sommers 2013
John Irving "Zirkuskind" - grandios, wie immer
Lian Hearn "die Weite des Himmels" - die Vorgeschichte zum "Clan der Otori" Zyklus
Laura Lippmann "was die Toten wissen" - spannender Krimi mit unerwartetem Ende
Flop des Urlaubs: Carlos Ruiz Zafon "Marina" - nette Liebesgeschichte driftet in Pseudo-Frankenstein Horror ab
"Man lebt nur einmal, aber wenn man richtig lebt, ist einmal genug."
Heute angefangen: Ken Follett "A place called freedom". Einfaches Englisch, ohne Anstrengung zu lesen. Mein Erstkontakt mit dem berühmten Autor ist vielversprechend.
Zitat von BettyDie Kommissar Beck Romane habe ich auch mal angefangen, aber nach dem 3. habe ich aufgehört, weil sie mir etwas zu langweilig waren. Im Fernsehen gefallen sie mir besser. Vielleicht darf man die Filme nicht gesehen haben, um unvoreingenommen zu sein.
Ich bin jetzt gerade mit dem dritten fertig, und ich werde weiterlesen Mit den Filmen sind die Bücher kaum zu vergleichen, da hast Du recht. Die Filme spielen im heutigen Schweden. Den Büchern merkt man die Zeit an, aus der sie stammen. Vorhin kam mir der Vergleich mit der Krimireihe "Der Kommissar" mit Erik Ode in den Sinn. Die ersten Folgen sind auch von 1969, und ich finde die Erzählgeschwindigkeit der Martin Beck-Bücher ist sehr ähnlich derjenigen der Kommissar-Folgen. Ich liebe diese Serie. Selbst wenn die Beamten damals mal mit (schwarz-weißem) Blaulicht durch die Gegend jagten, war das für heutige Verhältnisse eine Ausflugsfahrt. Keine Ballerei, überhaupt wenig Waffeneinsatz, Telefone mit Wählscheiben, Papierakten, Aquarium im Büro, laaaange Ermittlungstage mit Nachtschichten, Sozialdramen,... Was damals als Inhalt für eine ganze 60-minütige Krimifolge zur besten Sendezeit reichte, findet heute als einer von mehreren Handlungssträngen im Vorabendkrimi statt. Die Martin Beck-Bücher finde ich - zumindest bisher - atmosphärisch ähnlich. Bedächtig, langsam (aber für mich nicht langweilig), sehr detailverliebt, manchmal moralisierend. Wenn sich die Handlung mal festgefressen hat, passiert ein unwahrscheinlicher Zufall, und es geht weiter. Eigentlich mag ich sowas nicht, aber zu diesen Büchern passt es. In Band 3 ist jetzt auch Gunvald Larsson aufgetaucht - der ist seiner Filmfigur offenbar recht ähnlich. Der Martin Beck der Bücher scheint mir noch verschrobener, eigenbrötlerischer zu sein als sein Filmnachfolger, an den mußte ich mich erst gewöhnen. Ich bin gespannt, wie's weitergeht.
Ich poste diesen Beitrag wegen ein paar „redaktionellen Änderungen“ ein zweites Mal, da heute keine Änderung mehr möglich war. Also:
Einen schönen Gruß an Alex!
Schau mal, was ich in meinem Regal gefunden habe:
Sjöwall/Wahlöö: Der Mann, der sich in Luft auflöste und Endstation für neun
War wohl mal ein Daily Rocker. So richtig schön zerfleddert, der Schutzumschlag:
Es ist sicher schon 20 Jahre her, dass ich dieses Buch oder besser: die beiden Martin Beck-Romane gelesen habe, Anfang der 90er Jahre. Ursprüngliches Erscheinungsdatum in Schweden: 1966 und 1968. Die deutsche Fassung bei Rowohlt TB ist 1969 resp. 1971 herausgekommen.
Ich kann deinen Ausführungen nur zustimmen, Alex. Ein Krimi aus einer anderen Zeit, vergleichbar dem damaligen "Kommissar". Aber wirklich mit Reiz. Ich finde es interessant, dass diese Bücher von einem Ehepaar geschrieben wurden, eben von Per Wahlöö und seiner Frau Maj Sjöwall. Gut, dass sie sich dabei vertragen haben, also ich meine, ohne sich gegenseitig umzubringen...
Meine (leichte) Urlaubslektüre waren die beiden "Spiegel-Bestseller" (ich hasse diese Titulierung; Was ist schon ein Bestseller und vor allem: Warm ist ein Buch ein Bestseller...)
Bretonische Verhältnisse - ein Fall für Kommissar Dupin und
In Frankreich, wo diese Romane überhaupt nicht erschienen sind, werden diese Bücer auch besprochen, und dort heißt es in der Presse, nach dem 3. Band will der wahre "Schriftsteller" sich outen. Man darf gespannt sein...
Ich sag's gleich: Wer schriftstellerische Qualität und sprachlich guten Stil erwartet, muss diese Bücher wahrlich nicht lesen! Ständig dieselben Floskeln, ständig ist der Koffeinspiegel des Kommissars zu niedrig, ständig mürrisch... ach, was soll's. Im Urlaub geht es bei der Lektüre manchmal auch um andere Dinge. Wir lesen gerne Bücher, die uns in das Urlaubsgebiet entführen, und das tun diese in jedem Fall. Es ist mir nur unverständlich, warum diese Bücher so hochgejubelt werden. Aber dazu gibt ja der Artikel ein klein wenig Hilfestellung.
Keine Medaille ohne Kehrseite: Es gibt auch Positives, nämlich die Beschreibungen der Gegend, der Bretagne. Sie sind wunderbar. Die Bücher lesen sich passagenweise so wie Reiseführer, und der Autor ist äußerst bemüht, dem Leser alle nur denkbaren Eigenarten der Bretonen, deren Feste, den Alleinstellungsmerkmalen des Landes und natürlich den gesamten mythischen Unterbau nahezubringen. Leider kennen wir das alles schon recht gut... Der zweite Roman ist in der Hinsicht auf jeden Fall der bessere, nicht so "belehrend".
Doch jetzt ist der Urlaub vorbei und wieder die Zeit, was G'scheits zu lesen. Wenn denn Zeit und Muße da ist.
Viele Grüße, Martin
Die Zeit, die du für deine Rose verloren hast, sie macht deine Rose so wichtig (Antoine de Saint Exupéry: "Der kleine Prinz")
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